"Ich war sogar im Gefängnis"
Du hast die Entwicklung der IPS-Videomanagementsoftware lange Jahre aktiv mitgestaltet. Was waren im Rückblick für dich die entscheidenden Wendepunkte?
Weniger anzeigen Mehr anzeigenIm Jahre 2008 haben wir die allererste offizielle Version des IPS VideoManagers veröffentlicht. Das war schon ein bedeutendes Ereignis. Mit der Version VM1.0 konnte man bereits eine 3D-Kalibrierug mit AutoCAD Dateien für unser 3D-System vornehmen, das heißt das System konnte damals schon Eindringlinge automatisch verfolgen. Das konnte zu dem Zeitpunkt keiner.
Mit der Version VM2.0 des IPS VideoManager und mittels der 3D-Technologie war es bereits möglich, Eindringlinge sogar kameraübergreifend zu verfolgen.
Bereits im Jahr 2010 haben wir mit der Version VM2.4 das Multisite-Management entwickelt. Damit konnte man mehrere Standorte aus einer Zentrale heraus im Auge behalten. Der erste Abnehmer für dieses System war ein Unternehmen in Spanien.
Mit der Version VM3.0 im Jahr 2011 haben wir zusätzlich zu dem Videokomprimierungsformat MJPEG Streaming auch H.264 RTPS Videostreaming eingeführt, einer der am häufigsten verwendeten Standards für die hochauflösende Videokompression. Damit waren die Bandbreiten erheblich verringert und wir konnten sogar über Satellitenverbindungen Livevideos im Multisite-System darstellen.
Im Jahr 2016 hat IPS die Wiedergabe von Aufzeichnungen im IPS VideoManager 6.0 so präzisiert, dass auch im Bildkompressionsformat H.264 jedes Einzelbild vor und zurück abgespult werden konnte – für höchste Genauigkeit bei der forensischen Suche. Kein anderer Hersteller war dazu in der Lage. In der Vergangenheit konnten Bilder nicht durchgängig, sondern nur lückenhaft angezeigt werden. Somit hatte man keinen vollständigen Überblick über die Vorkommnisse.
Und natürlich jüngst die Entwicklung des IPS NextGen Client und der IPS NextGen VideoAnalytics mit völlig neuem Bedienkonzept und Einsatz von neuronalen Netzen.
Was war deine anfängliche Vision und hat sie sich im Laufe der Jahre verändert?
Weniger anzeigen Mehr anzeigenUnsere Vision war, unsere bewährten Videoanalysen wie z.B. die IPS Outdoor Detection mit dem IPS VideoManager so tief wie möglich zu integrieren, um keine fehleranfälligen, sondern präzise Schnittstellen zu haben. Eigentlich wie unser Slogan heute auch ist, "Videoanalyse und Videomanagement aus einem Guss".
Auch auf die Integration vom IPS VideoManager in Alarmmanagementsysteme hatten wir von Anfang an großen Wert gelegt und tun es auch heute noch. Unsere TCP-SOAP Schnittstelle erfüllt alle Anforderungen, die ein Integrator braucht.
Welche technologischen Trends haben die Entwicklung der Software am stärksten beeinflusst? Welche siehst du für die Zukunft?
Weniger anzeigen Mehr anzeigenDie WPF-Technologie von Microsoft war ein Game-Changer für uns. Sie ermöglicht die Erstellung von modernen, grafisch ansprechenden Benutzeroberflächen mit vielen Funktionen, indem sie den Entwicklern entsprechende Werkzeuge an die Hand gibt. Der IPS NextGen Client ist zu 100% auf dieser Technologie aufgebaut.
Die KI hat bereits einen großen Einfluss bei den Videoanalysen; z.B. wenn es darum geht, im Videobild einen Menschen von Tieren oder Störfaktoren wie Sonne, Schatten, Regentropfen etc. zu unterscheiden, aber auch im Bereich der Software-Entwicklung kann die KI den Entwickler schon maßgeblich unterstützen im Schreiben von Source Codes.
Die Entwicklung von Software ist oft ein iterativer Prozess. Wie hat das Feedback der Nutzer die Ausgestaltung der IPS-Software beeinflusst?
Weniger anzeigen Mehr anzeigenIn den ersten Jahren der Entwicklung des IPS VideoManager wurden die meisten Innovationen von unseren eigenen Ideen getragen. Mit zunehmender Anzahl installierter Systeme traten jedoch auch neue Kundenwünsche auf, die wir in unsere Weiterentwicklung integriert haben. Zum Beispiel, dass man den IPS VM Client komplett fernsteuern konnte. Bei einer Eingangspforte etwa kann die Zentrale den Client des Pförtners komplett fernsteuern.
Gab es eine bestimmte Nutzergruppe oder Anwendung, die dich besonders überrascht oder inspiriert hat, neue Funktionen zu entwickeln?
Weniger anzeigen Mehr anzeigenWir haben uns nie von Mitbewerbern beeinflussen lassen. Stattdessen waren wir äußerst kreativ und haben zahlreiche neue Produkte entwickelt, auch mit dem Feedback unserer Partner. Ein Beispiel dafür ist eine Analyse, die wir entwickelt haben, um die Überwachung von Exponaten in Museen zu übernehmen. Sie alarmierte sofort, sobald jemand zu nah kam. Allerdings waren die Kameras dafür recht teuer.
Was war die größte Herausforderung bei der Gestaltung einer benutzerfreundlichen Oberfläche für eine so komplexe Software?
Weniger anzeigen Mehr anzeigenAn so einem Design-Prozess sind einige Personen beteiligt: der Produktmanager, der neben seinen eigenen auch die Kundenanforderungen mit einbringt, der Designer, der Entwicklungsleiter, der Kosten und Timeline überwacht, und natürlich der Entwickler. Die Lösung war ein dynamischer Prozess, d.h. man hat sich jede Woche getroffen, den bisherigen Stand diskutiert, die nächsten Schritte geklärt und dann gings weiter. Aber natürlich wie immer hat jeder andere Vorstellungen und diese alle immer unter einen Hut zu bringen, war echt schwierig und hat oft sehr viel Zeit beansprucht.
Wenn du auf die gesamte Entwicklungsreise zurückblickst, welcher Moment ist dir am deutlichsten in Erinnerung geblieben?
Weniger anzeigen Mehr anzeigenDas war sicherlich der NATO-Gipfel 2009 in der Region Straßburg, Baden-Baden und Kehl, die zu einer Hochsicherheitszone erklärt wurde. Rund 25.000 Polizisten waren im Einsatz, um die Sicherheit zu gewährleisten. Wir stellten mit dem IPS VideoManager eine effiziente Videoüberwachung für die deutschen Veranstaltungsorte bereit. Dadurch war die Bildübertragung aller Kameras – von Hubschraubern, mobilen Einheiten und stationären Kameras – sowie die Bildregie und Visualisierung in den Polizeibefehlsstellen jederzeit gesichert. Wir waren mit vor Ort und fast 24/7 im Einsatz. Die Polizei erhielt so rund um die Uhr Live-Bilder der Einsatzorte. Dieses Projekt war für uns ein bisher einzigartiges Vorhaben in solch großem Umfang.
Welche Rolle spielte der Kundenkontakt bei der Entwicklung der IPS-Software?
Weniger anzeigen Mehr anzeigenIn unserem Partnergeschäft ist der Kunde ja nicht direkt der Endkunde. Unser Vertrieb funktionierte über Partner, also Systemintegratoren oder Service Provider. Die Partner erhielten von uns eine ausführliche Schulung, um wiederum ihre Kunden fachgerecht betreuen zu können. Abhängig davon gab es ganz unterschiedliche Anforderungen, oft auch nur Ideen, was entwickelt werden soll. Oder auch nur Spezialsachen, die nur einer brauchte. Wir hatten z.T. über 40 Partner in Europa und jeder hatte eigene Anforderungen. Auch mit einem großen Entwicklungsteam sind die Herausforderungen, alles zu koordinieren, äußerst anspruchsvoll. Dennoch haben wir es erfolgreich gemeistert. Das Wichtigste bei einem Sicherheitssystem ist, dass es 24/7 stabil funktioniert und vom Bedienpersonal einfach zu bedienen ist, damit in Gefahrensituationen keine Fehler passieren. Im Grunde sollte das System so viel wie möglich automatisch ausführen und der Bediener wird nicht überfordert.
Ja, wir waren damals ein ganz kleines Team, d.h. als Entwickler musste man selbst auch Hand anlegen. In meinem Fall war das die ganze Inbetriebnahme der Videoüberwachung in einer Justizvollzugsanstalt. Die Aufgaben umfassten sowohl die Planung als auch Montage der Schränke, Verkabelung, Ausrichten der Kameras - auf einer 6 m hohen Leiter mit Servicemonitor - und natürlich die ganze Konfiguration. Dort kam unsere IPS Outdoor Detection Videoanalyse zum Einsatz, die sowohl damals als auch heute Justizvollzugsanstalten in Europa gerne verwenden, um Ausbruchsversuche durch Abseilen am Gebäude zu detektieren. Um die Analyse zu testen, habe ich mich selbst mehrfach über vier Stockwerke abgeseilt, um sicher zu sein, dass auch alles funktioniert und entsprechende Alarme ausgelöst werden. In Summe war ich sechs Wochen lang fünf Tage die Woche vor Ort. Das war schon ein besonderes Erlebnis!